Urlaub ohne Koffer – Unsere Sommerserie mit Ausflugszielen: Unter die Erde!
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Wenn die Sonne gnadenlos heiß vom Himmel strahlt wie in den vergangenen Sommern, dann wird die Sehnsucht groß nach einem schattigen und kühlen Plätzchen. Wie wäre es zur Abwechslung mal mit einem Ausflug unter die Erde in eine der zugänglichen Schauhöhlen oder stillgelegten Bergwerke? Hier herrschen zumeist konstante Temperaturen von gerade mal acht Grad, und es ist dunkel. Und so heißt es im nächsten Teil unserer Serie „Urlaub ohne Koffer“: Unter die Erde!
Mit einer selbstgebauten Strickleiter ist Stefan Zaenker als 16-Jähriger das erste Mal in eine Höhle geklettert. Das war 1981. Zusammen mit seinem großen Bruder Michael und anderen Kumpels haben sie damals von daheim in Bad Hersfeld einen Fahrradausflug unternommen, um in eine 1892 von einem Schlossermeister entdeckte Höhe einzusteigen. „Das war ganz schön waghalsig, was wir getan haben. Und tatsächlich war das eine andere Höhle, die wir bei der Gelegenheit entdeckt haben“, erinnert sich der Vorsitzende des Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung Hessen an dieses für seinen weiteren Lebensweg einschneidende Erlebnis. Heute ist der 57-Jährige einer von Hessens profiliertesten Höhlenkennern und -forschern.
Prinzipiell gilt zwischen 1. Oktober und 31. März ein Betretungsverbot von Höhlen, um vor allem den Winterschlaf der Fledermäuse nicht zu stören. Aber auch im Sommer sind zahlreiche Höhlen mit Toren und Gittern verschlossen, um unbefugtes Betreten zu verhindern, da sie beispielsweise von Fledermäusen als Tagesquartier genutzt werden. Die „Zoologie in der Unterwelt“ ist ein Schwerpunkt in der Forschung von Stefan Zaenker. Bei seinen zahllosen Erkundungen hat er 750 verschiedene Höhlentierarten entdeckt: Grundwasserkrebse, Schmetterlinge, Mücken, Würmer, Schnecken, Käfer, Amphibien. Anders als draußen scheint keine Sonne, es ist immer dunkel, und gibt es keine Temperaturschwankungen. Die Temperatur in einer Höhle liegt durchgängig bei acht Grad. Die Luftfeuchtigkeit beträgt 90 Prozent Die Lebensbedingungen sind immer gleich, und an diese haben sich die Tiere angepasst“, erklärt der Höhlenforscher. Die Haut der Tiere ist dünner. Sie haben kleine oder gar keine Augen. Sie sind oft sehr klein, ein Großteil ist unter einem Zentimeter groß. Oft haben sie kein Farbpigmente, sind weiß, blind und haben stattdessen verlängerte Fühler, da sie sich tastend im Dunkeln bewegen. „Auch werden sie oft zehnmal älter, als wenn sie draußen leben würden. Ihr Stoffwechsel ist heruntergesetzt, das ganze Leben ist verlangsamt. Und sie haben in den Höhlen weniger natürlich Feinde“, beschreibt Zaenker die Höhlenfauna, die er mit seinen Mitstreitenden bei zahlreichen Expeditionen erkundet. Bis heute ist Zaenker von der Welt unter Tage fasziniert: „Höhlen sind geologische Naturdenkmäler.“ Trotz seiner jahrzehntelangen Erfahrung hat Stefan Zaenker nie den Respekt vor den Höhlen verloren und weiß um die Gefahren, die sie bergen: „Wer klaustrophobisch ist oder Angst vor Dunkelheit hat, sollte Höhlen meiden.“
In Hessen selbst gibt es drei Schauhöhlen: die Teufelshöhle in Steinau an der Straße (Main-Kinzig-Kreis), die Kubacher Kristallhöhle bei Weilburg an der Lahn (Landkreis Limburg-Weilburg) und das Herbstlabyrinth bei Breitscheid (Lahn-Dill-Kreis). Drei Sehenswürdigkeiten gibt es in der mit Stalaktiten und Stalagmiten geschmückten Tropfsteinhöhle in Steinau zu entdecken: den „Dom“, der 16 Meter hoch ist und 11 Meter im Durchmesser, der acht Meter hohe Hohlraum „Kapelle“ mit schleierförmigen Tropfsteingebilden und ein bienenkorbförmiger Stalagmit. Die Kubacher Kristallhöhle beeindruckt vor allem wegen ihren einzigartigen – durch Kristalle und Perltropfsteine gebildeten – Kalzit-Aragonit-„Tapeten“. Die Höhle besitzt mit 30 Meter Höhe die höchste Halle aller deutschen Schauhöhlen. Das in der Eiszeit entstandene Höhlensystem wurde 1974 zum ersten Mal von Menschen betreten und ist seit 1981 der Öffentlichkeit als Schauhöhle zugänglich. Ein Rundgang durch die Höhle dauert 45 Minuten und führt über 456 Treppenstufen.
„Das sind alles beeindruckende Höhlen. Weitere Höhlenbegehungen sind in Begleitung von örtlichen Höhlenvereinen möglich“, sagt Zaenker. Welche das sind, ist über die Homepage des Landesverbandes für Höhlen- und Karstforschung Hessen zu erfahren.
Infos zu den drei in Hessen zugänglichen Schauhöhlen:
Teufelshöhle Steinau
Mooshecke 1
36396 Steinau an der Straße
Tel.: 06663 / 973 88
www.tropfsteinhoehle-steinau.de
Die Tropfsteinhöhle ist in der Regel zwischen Mitte April und Ende September geöffnet.
Kubacher Kristallhöhle
Geoinformationszentrum Kubacher Kristallhöhle
Auf dem Kalk 1
35781 Weilburg-Kubach
https://kubacherkristallhoehle.de/
Anmeldung für Führungen per E-Mail: anmeldung@kristallhoehle.de
Saison: April bis Ende Oktober/Anfang November
Herbstlabyrinth bei Breitscheid
K68 zwischen Breitscheid und Erdbach
35767 Breitscheid
Tel.: 02777 / 913321
Ticket-Hotline: 0231 / 917 22 90
schauhoehle-breitscheid.de
Öffnungszeiten: Sa, So & hessische Feiertage 11 bis 18 Uhr
Weitere zugängliche Höhlen:
Leichtweißhöhle auf dem Wiesbadener Neroberg, https://www.wiesbaden.de/leben-in-wiesbaden/freizeit/natur-erleben/stadtwald/Leichtweisshoehle.php
Tropfsteinhöhle im Buchener Stadtteil Eberstadt (Baden-Württemberg, unweit der hessischen Landesgrenze), https://www.tropfsteinhoehle.eu/startseite.html
Weitere Infos zu Höhlen in Hessen: https://hoehlenkataster-hessen.de/
Copyright: Stefan Zaenker (Steinau), Dieter Kraus (Kristallhöhle), Karl H. Schlierbach (Schauhöhle Breitscheid)